Allgemein
Pressemitteilung - 19.07.2023
19 Jul 2023
Kein Kahlschlag in der Innenstadt!
Stadt darf Selbsthilfe, Begegnung und Ehrenamt nicht einfach fallen lassen
Potsdam, 19.07.2023
Darauf muss man erstmal kommen: Per Rotstift hat die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Potsdam mal eben in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Inklusion Projekte zusammen gestrichen. Angebote für Kinder und Senioren, von deren Notwendigkeit und gesellschaftlichen Bedeutung sie offenbar nicht überzeugt ist. Und darunter auch die komplette Förderung in Höhe von rund € 215.000 für das soziale Zentrum SEKIZ mitten in der Innenstadt.
Mit äußerstem Befremden haben Vorstand und Verein des SEKIZ e.V. die Einsparempfehlung aus dem Rathaus zur Kenntnis genommen. „Offenbar ist der Stadt nicht bewusst, welche Auswirkungen ihr Handeln hat“, ist Dr. Oliver Geldener, seit 2011 Vorstandsvorsitzender des Vereins, überzeugt. „Wir betreiben seit mehr als 30 Jahren im Auftrag der Stadt in Potsdam die Selbsthilfekontaktstelle als zentrale Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Suchtproblematiken oder chronischen Erkrankungen. Zudem sind wir ein Begegnungszentrum für Familien, Kinder und Senioren mit verschiedenen Angeboten und vermitteln Ehrenamtliche Träger übergreifend in ganz Potsdam. Wir sind kein Projekt, dass man mal eben nach Kassenlage umsetzt oder einspart. Wir sind die letzte niedrigschwellige barrierefrei zugängliche soziale Einrichtung in der Innenstadt für jung und alt. Bei uns treffen sich nicht nur Kurse oder Gruppen, bei uns wird gesungen, gelernt, gelacht und gekocht. Ohne die Unterstützung der Landeshauptstadt können wir weder die Personalstellen halten noch die Miete bezahlen. Dann müssen wir dicht machen und es gibt ein paar attraktive Eigentumswohnungen mehr am Brandenburger Tor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich im Sinne Potsdams ist oder sein kann.“
Besonders pikant: Die Verwaltung hat das SEKIZ nicht einmal über die Einsparpläne informiert. Auf Nachfrage hieß es, der Verwaltungsvorgang sei abgeschlossen, der Ball liege jetzt bei der Stadtpolitik. Diese müsse nun aus der Empfehlung der Stadtverwaltung eine Entscheidung machen – oder vielleicht auch andere Lösungen ins Spiel bringen. „Wir sind derzeit mit den Vertretern im Sozialausschuss sowie den Stadtfraktionen im Gespräch“, so Geldener. „Wir sind zuversichtlich, zu einer alle Interessen berücksichtigenden Entscheidung zu kommen, die die gewachsene Selbsthilfe-, Begegnungs- und Ehrenamtslandschaft in Potsdam nicht mit der Abrissbirne blind zerstört, sondern bewahrt und beschützt.“
Im August will das SEKIZ eine öffentlichkeitswirksame Informationskampagne starten, um über die eigenen Angebote aufzuklären und für den Erhalt als soziales Zentrum zu sensibilisieren. Auch mit den anderen von den Kürzungen betroffenen Vereinen und Projekten will der Verein sich zusammenschließen. Im Gespräch sind auch gemeinsame Aktionen und Kundgebungen auf der Straße.
„Wir lassen uns auf keinen Fall kannibalisieren und in einen Verdrängungswettbewerb mit den anderen Trägern zwingen. An den sozialen Angeboten auf Kosten der Bedürftigen und Schwachen darf nicht gespart werden“, so Geldener. Dafür gebe es andere Möglichkeiten. Eine verantwortungsvolle nachhaltige Politik müsse gerade in Zeiten großer Herausforderungen den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Blick behalten.
Das Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrum SEKIZ bietet seit 1991 eine zentrale Anlaufstelle in Potsdam für Selbsthilfe, Begegnung sowie Ehrenamt. Unter dem Dach des Vereins befinden sich die Potsdamer Informations- und Kontaktstelle für Selbsthilfe (PIKS), die Begegnungsstätte für Freizeitangebote, Kurse und Veranstaltungen wie z.B. Vorträge oder Workshops (BEGS) sowie die Agentur für Ehrenamt zur Stärkung des Ehrenamtes in Potsdam.